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Stille Entzündungen lassen Stillen Reflux entstehen?

Stille entzündungen machen Stillen Reflux?

Warum dein Reflux mehr ist als nur ein Säureproblem

Wenn du unter stillem Reflux leidest, hast du wahrscheinlich schon viel über Magensäure gehört. Säureblocker, basische Ernährung, keine säurehaltigen Lebensmittel – das sind die üblichen Empfehlungen.

Doch was, wenn ich dir sage, dass stiller Reflux weniger mit zu viel Säure zu tun hat und viel mehr mit Entzündungen in deinem Körper?

Was, wenn dein Reflux eigentlich ein Symptom eines größeren Entzündungsgeschehens ist, das sich durch deinen gesamten Körper zieht?

In diesem Artikel erfährst du:

  • Was stille Entzündungen sind und warum sie so gefährlich sein können
  • Wie stiller Reflux und stille Entzündungen zusammenhängen
  • Warum die alte Säure-Theorie überholt ist
  • Was du konkret tun kannst, um beide Probleme anzugehen

Was sind eigentlich stille Entzündungen?

Stille Entzündungen (auch "silent inflammation" genannt) sind chronische Entzündungsprozesse in deinem Körper, die du oft über Jahre nicht bemerkst.

Anders als bei einer akuten Entzündung – denk an einen roten, geschwollenen, schmerzenden Mückenstich – gibt es hier keine offensichtlichen Alarmzeichen. Kein Fieber, keine starken Schmerzen, keine Rötung.

Stattdessen schwelt in deinem Körper ein unterschwelliges Dauerfeuer. Dein Immunsystem ist permanent in leichter Alarmbereitschaft, ohne dass du es merkst.

Typische Anzeichen können sein:

  • Chronische Müdigkeit, auch nach ausreichend Schlaf

  • Diffuse Muskel- oder Gelenkschmerzen

  • Häufige Infekte

  • Konzentrationsschwierigkeiten ("Brain Fog")

  • Verdauungsprobleme

  • Unerklärliche Gewichtszunahme

Das Tückische: Diese Symptome sind so unspezifisch, dass viele Menschen jahrelang nicht erkennen, dass dahinter eine chronische Entzündung steckt.

Was passiert dabei im Körper?

Dein Immunsystem produziert kontinuierlich kleine Mengen entzündungsfördernder Botenstoffe (Zytokine). Diese heißen unter anderem IL-6, IL-8 und TNF-α – das musst du dir nicht merken, aber diese Stoffe halten deinen Körper in einem Zustand ständiger unterschwelliger Entzündung.

Langfristig kann das zu ernsthaften Erkrankungen führen:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen

  • Diabetes Typ 2

  • Autoimmunerkrankungen

  • Chronische Darmprobleme

  • Neurologische Erkrankungen

Die Hauptursachen stiller Entzündungen

1. Ein gestörtes Darmmikrobiom

Dein Darm beherbergt Billionen von Bakterien. Wenn dieses empfindliche Gleichgewicht gestört ist (man nennt das "Dysbiose"), kann das zu chronischen Entzündungen führen.

Durch eine geschädigte Darmbarriere (oft "Leaky Gut" genannt) gelangen bakterielle Bestandteile in dein Blut, die dort nicht hingehören. Dein Immunsystem reagiert darauf mit – du ahnst es – Entzündung.

2. Viszerales Bauchfett

Bauchfett ist nicht nur ein passiver Energiespeicher. Es produziert aktiv Entzündungsbotenstoffe. Je mehr Bauchfett, desto mehr chronische Entzündung.

3. Ungünstige Ernährung

Zu viel Zucker, zu viele verarbeitete Lebensmittel, zu viele Omega-6-Fettsäuren (in vielen pflanzlichen Ölen) und zu wenig Omega-3-Fettsäuren (in fettem Fisch) fördern Entzündungen.

4. Chronischer Stress und Schlafmangel

Dauerstress und schlechter Schlaf halten dein Immunsystem auf Trab und fördern Entzündungsprozesse.

Stiller Reflux: Nicht nur eine Säure-Geschichte

Über 90 Jahre lang dachte die Medizin, dass Reflux eine einfache chemische Verätzung ist: Magensäure läuft hoch, verbrennt die Schleimhaut, fertig.

Aber neue Forschung zeigt: Das stimmt so nicht!

In bahnbrechenden Studien der letzten Jahre haben Wissenschaftler entdeckt, dass Reflux primär eine Entzündungskrankheit ist, nicht eine Säureverätzung.

Was passiert wirklich?

  1. Refluxat (Säure + Galle) trifft auf deine Speiseröhre

    • Aber: Die Zellen sterben nicht sofort ab!

  2. Die Zellen reagieren mit einem Entzündungssignal

    • Sie produzieren Botenstoffe, die Immunzellen anlocken

  3. Immunzellen wandern ein (vor allem T-Lymphozyten)

    • Das dauert Tage bis Wochen

    • Die Entzündung beginnt tief unten und arbeitet sich nach oben

  4. Diese Immunzellen verursachen den eigentlichen Schaden

    • Nicht die Säure verbrennt dich

    • Dein eigenes Immunsystem greift die Schleimhaut an

Das ist ein fundamentaler Unterschied! Die Säure ist nur der Auslöser (das Streichholz), aber die Entzündung ist das eigentliche Feuer.

Der Teufelskreis: Wie sich Reflux und stille Entzündungen gegenseitig verstärken

Jetzt wird es richtig spannend. Denn stiller Reflux und stille Entzündungen hängen auf mehrere Arten zusammen:

1. Über dein Darmmikrobiom

Stille Entzündungen → Gestörte Darmflora → "Leaky Gut" → Noch mehr Entzündung ↓ Reflux wird schlimmer

Gleichzeitig: Reflux → Verändert Mikrobiom → Noch mehr Entzündung

2. Über deinen Vagusnerv

Der Vagusnerv ist eine Art "Datenautobahn" zwischen Gehirn und Verdauungstrakt.

Chronische Entzündung in der Speiseröhre → Reizung des Vagusnervs ↓ Funktionsstörung des Nervs ↓ Schließmuskel funktioniert nicht mehr richtig ↓ Mehr Reflux

Gleichzeitig kann eine systemische Entzündung den Vagusnerv direkt beeinträchtigen.

3. Über dieselben Entzündungsbotenstoffe

Sowohl bei stillem Reflux als auch bei stillen Entzündungen spielen dieselben Akteure die Hauptrolle:

  • IL-1β, IL-6, IL-8, TNF-α (die Entzündungsbotenstoffe)

  • NF-κB (der "Hauptschalter" für Entzündungen)

  • Oxidativer Stress

Das ist kein Zufall – es sind dieselben Prozesse!

Das Ergebnis: Ein Teufelskreis

Konzept: Stiller Reflux und Stille Entzündungen

Stille Entzündungen ⟷ Gestörter Darm ⟷ Stiller Reflux

         ↕                                    ↕

    Vagusnerv-                         Lokale Entzündung

    Dysfunktion                        in der Speiseröhre

         ↕                                    ↕

    Noch mehr systemische Entzündung 

Warum helfen Säureblocker nicht immer?

Jetzt verstehst du vielleicht besser, warum viele Menschen (etwa 30-40%) nicht ausreichend auf Säureblocker (PPIs) ansprechen:

  • PPIs reduzieren die Säure (das Streichholz), manchmal gibt es schon zu wenig davon

  • Aber sie stoppen nicht die Entzündungskaskade (das Feuer)

  • Die Entzündungsbotenstoffe bleiben aktiv

  • Das Immunsystem greift weiter an

Noch dazu können PPIs selbst das Mikrobiom stören und damit langfristig zu mehr Entzündung beitragen – ein weiteres Paradoxon!

Was kannst du konkret tun? Der ganzheitliche Ansatz

Da sowohl stiller Reflux als auch stille Entzündungen auf denselben Mechanismen beruhen, kannst du beide mit ähnlichen Strategien angehen:

1. Anti-entzündliche Ernährung

Bevorzuge:

  • Omega-3-reiche Lebensmittel (fetter Fisch, Leinöl, Walnüsse)

  • Buntes Gemüse (besonders grünes Blattgemüse)

  • Ingwer, Kurkuma, Zimt (natürliche Entzündungshemmer)

  • Fermentierte Lebensmittel (für dein Mikrobiom)

  • Vollkornprodukte (in Maßen)

  • Beeren und nicht-saure Früchte (Bananen, Melonen, Birnen)

Meide bzw. reduziere:

  • Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel

  • Übermäßig viel Omega-6 (Sonnenblumenöl, Maiskeimöl)

  • Deine persönlichen Reflux-Trigger (oft: Kaffee, Alkohol, Schokolade, Tomaten, Zitrus)

  • Große, schwere Mahlzeiten spät am Abend

2. Darmgesundheit fördern

  • Probiotika (idealerweise nach Rücksprache)

  • Präbiotika (Ballaststoffe, die deine guten Bakterien füttern)

  • Vielfältige, pflanzenbasierte Ernährung

  • Ausreichend trinken

3. Vagusnerv stärken

Dein Vagusnerv kann trainiert werden! Das hilft sowohl bei Reflux als auch bei Entzündungen:

  • Tiefe Bauchatmung: 5-10 Minuten täglich

  • Kältereize: Kaltes Wasser ins Gesicht, Wechselduschen

  • Singen, Summen, Gurgeln: Stimuliert den Vagusnerv mechanisch

  • Meditation und Entspannung

  • Soziale Verbindung: Ja, wirklich – positive soziale Kontakte stärken deinen Vagustonus!

4. Lebensstil-Basics

  • Stress reduzieren: Chronischer Stress ist Entzündungs-Turbo

  • Ausreichend schlafen: 7-8 Stunden pro Nacht

  • Moderate Bewegung: Aber nicht übertreiben – zu viel Sport kann auch entzündungsfördernd sein

  • Gesundes Gewicht: Besonders Bauchfett reduzieren

5. Reflux-spezifische Maßnahmen

  • Kleinere, häufigere Mahlzeiten

  • 3 Stunden Abstand vor dem Schlafengehen

  • Kopfteil des Bettes hochstellen

  • Lockere Kleidung am Bauch

Die Hoffnungsbotschaft

Hier ist die gute Nachricht: Weil stiller Reflux und stille Entzündungen so eng miteinander verknüpft sind, kannst du mit einem ganzheitlichen anti-entzündlichen Ansatz beide positiv beeinflussen.

Du behandelst nicht nur deine Symptome, sondern gehst die zugrundeliegenden Ursachen an.

Das braucht Zeit – chronische Entzündungen entwickeln sich über Jahre und heilen nicht über Nacht. Aber mit Geduld und den richtigen Strategien kannst du deinem Körper helfen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen.

Dein nächster Schritt

Reflux ist mehr als nur ein Säureproblem. Es ist ein Signal deines Körpers, dass tieferliegende Entzündungsprozesse ablaufen.

Wenn du deinen Reflux wirklich verstehen und angehen möchtest, lohnt es sich, das große Ganze zu betrachten: deine Darmgesundheit, dein Entzündungsstatus, deine Stressbelastung, deine Ernährung.

In meinem Mitgliederbereich begleite ich dich genau bei diesem ganzheitlichen Ansatz. Mit wöchentlichen Live-Coachings, detaillierten Tools und einer unterstützenden Community findest du deinen individuellen Weg zu weniger Entzündung und mehr Wohlbefinden.


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Denn eines ist klar: Du bist nicht machtlos. Du kannst selbst sehr viel tun.

Hallo, ich bin Andy

Ich arbeite als Medizinjournalistin und Autorin.  

Nach Abschluss eines naturwissenschaftlichen Studiums mit Diplom begann ich mich für Medizinjournalismus zu interessieren und machte ihn zu meinem Beruf.

Als Betroffene von Magen-Darm-Erkrankungen weiß ich, worüber ich schreibe.



Andy Kuhl


Wissenschaftliche Quellen (laienverständlich aufbereitet)

Zum Paradigmenwechsel bei Reflux:

  1. Souza RF, Huo X, Mittal V, et al. Gastroesophageal reflux might cause esophagitis through a cytokine-mediated mechanism rather than caustic acid injury. Gastroenterology. 2009;137(5):1776-1784.
    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/19660463/
    • Die Pionierstudie: Erste Arbeit, die zeigte, dass Reflux eine entzündliche und keine chemische Erkrankung ist
  2. Dunbar KB, Agoston AT, Odze RD, et al. Association of Acute Gastroesophageal Reflux Disease With Esophageal Histologic Changes. JAMA. 2016;315(19):2104-2112.
    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/27187303/
    • Die Human-Bestätigung: Bewies den entzündlichen Mechanismus beim Menschen
  3. Souza RF, Bayeh L, Spechler SJ, Tambar UK, Bruick RK. A new paradigm for GERD pathogenesis. Not acid injury, but cytokine-mediated inflammation driven by HIF-2α: a potential role for targeting HIF-2α to prevent and treat reflux esophagitis. Current Opinion in Pharmacology. 2017;37:93-99.
    • Die Zusammenfassung: Erklärt den neuen Mechanismus und zukünftige Therapien

Zu stillen Entzündungen:

  1. Calder PC. Marine omega-3 fatty acids and inflammatory processes: Effects, mechanisms and clinical relevance. Biochimica et Biophysica Acta. 2015;1851(4):469-484.
    • Omega-3 und Entzündung: Zeigt, wie Omega-3-Fettsäuren Entzündungen hemmen
  2. Minihane AM, Vinoy S, Russell WR, et al. Low-grade inflammation, diet composition and health: current research evidence and its translation. British Journal of Nutrition. 2015;114(7):999-1012.
    • Ernährung und stille Entzündung: Übersichtsarbeit zu Ernährungseinflüssen

Zum Mikrobiom bei Reflux:

  1. Pei Z, Bini EJ, Yang L, Zhou M, Francois F, Blaser MJ. Bacterial biota in the human distal esophagus. Proceedings of the National Academy of Sciences. 2004;101(12):4250-4255.
    • Pionierarbeit: Erste Beschreibung des ösophagealen Mikrobioms
  2. Casen C, Vebø HC, Sekelja M, et al. Deviations in human gastric microbiota: a possible link between bacteria and the microbialcommunity in patients with gastric Helicobacter pylori infection. FEMS Immunology and Medical Microbiology. 2011;61(3):313-325.
    • Mikrobiom-Veränderungen: Zeigt Dysbiose bei Reflux

Zum Vagusnerv und Entzündung:

  1. Bonaz B, Sinniger V, Pellissier S. The Vagus Nerve in the Neuro-Immune Axis: Implications in the Pathology of the Gastrointestinal Tract. Frontiers in Immunology. 2017;8:1452.
    • Vagusnerv und Immunsystem: Erklärt den cholinerg-anti-inflammatorischen Reflex
  2. Wang D, Xu S, Chen H, et al. Integrative effects of transcutaneous auricular vagus nerve stimulation on esophageal motility and pharyngeal symptoms via vagal mechanisms in patients with laryngopharyngeal reflux disease. Frontiers in Neuroscience. 2024;18:1345417.
    • Vagusnerv-Stimulation bei LPR: Zeigt Wirksamkeit von Vagusnerv-Training

Zu Probiotika bei GERD:

  1. Asha MZ, Khalil SFH. Efficacy and Safety of Probiotics, Prebiotics and Synbiotics in the Treatment of Irritable Bowel Syndrome: A systematic review and meta-analysis. Sultan Qaboos University Medical Journal. 2020;20(1):e13-e24.
    • Probiotika-Wirkung: Systematischer Review zur Wirksamkeit
  2. Hungin APS, Mitchell CR, Whorwell P, et al. Systematic review: probiotics in the management of lower gastrointestinal symptoms – an updated evidence-based international consensus. Alimentary Pharmacology & Therapeutics. 2018;47(8):1054-1070.
    • Internationale Konsensus-Empfehlung zu Probiotika

Zur anti-entzündlicher Ernährung:

  1. Estruch R, Ros E, Salas-Salvadó J, et al. Primary Prevention of Cardiovascular Disease with a Mediterranean Diet Supplemented with Extra-Virgin Olive Oil or Nuts. New England Journal of Medicine. 2018;378(25):e34.
    • Mediterranean Diet: Zeigt anti-inflammatorische Wirkung

Deutsche Quellen (für deutschsprachige Leser besonders zugänglich):

  1. Schmiedel V. Omega-3 und stille Entzündungen. Erfahrungsheilkunde. 2018;67(04):198-204.
    • Deutschsprachiger Übersichtsartikel: Gut verständlich zu Omega-3
  2. Friedrichsen HP. Silent Inflammation – stumme Entzündung. Erfahrungsheilkunde. 2018;67(04):192-196.