Das Kloßgefühl und der Stille Reflux

Globus hystericus

Von der Verlegenheitsdiagnose zum komplexen Geschehen

Findet man in der Hals-Nasen-Ohren-Praxis nichts, dass das Kloßgefühl im Hals erklären könnte, wird oft angenommen, die Beschwerden seien psychosomatischer Natur.

Die Diagnose lautet hier oft >>Globus hystericus<< oder >>Globus nervosus<<.

Das klingt für viele, als seien sie ein Fall für den Psychiater.

Ich glaube nicht, dass man sich einen Kloß im Hals einbilden kann und die meisten Physiotherapeuten wissen, dass ausnahmslos jeder, der eine solche Diagnose erhalten hat, auch verhärtete und verkrampfte Muskeln im Halsbereich hat.

Verhärtete Muskeln und Faszien verursachen Druck und Engegefühle. Je mehr die Betroffenen darüber nachdenken und sich Sorgen machen, um so mehr Spannung entsteht.

Doch das ist nicht der einzige Auslöser für dieses Krankheitsbild. Auch eine Reizung durch aufsteigende Gase aus dem Magen, also Stillem Reflux, kann zu Entzündungen und so ausgelösten reflexhaften Verkrampfungen im Halsbereich führen.

Dauerkontraktion und die Angst etwas Schlimmes zu haben

step 1

Kloßgefühl

Den Kloß im Hals kennt jeder. Er tritt auf, wenn eine emotionale Regung uns die kehle zu schnürt.

Das ist im Normalfall ein vorübergehender Zustand.

Leidet man am Kloßgefühl vergeht dieser Kloß aber nicht mehr. Er wird zum ständigen Begleiter. Und er kann auch emotional stabile Menschen zur Verzweiflung bringen.

step 2

Eine Frage der Einordnung

Nicht jeder leidet gleichstark unter diesen Beschwerden. Was den einen schier wahnsinnig macht, stört den anderen kaum.

Je mehr Aufmerksamkeit man seinen Beschwerden widmet, je stärker präsent sind sie.

step 3

Hilflosigkeit und Stress

Der gut gemeinte Rat, nicht daran zu denken, hilft nicht.

solange die Betroffenen nicht wissen, was sie haben und was man dagegen tun kann, fixieren sie sich auf das Problem.

Die Funktionen des Halses sind lebensnotwendig. Also werden gestörte Funktionen als lebensbedrohlich wahrgenommen.

step 4

Beschwerden verstehen

Je besser man Beschwerden versteht, um so weniger bedrohlich wirken sie. So kann man auch die Ursachen angehen. Das wiederum bringt einen aus der Hilflosigkeit.

Die Psychologen nennen das >>Selbstwirksamkeitsüberzeugung<<.

Kehlkopf und Halsmuskeln vorn

Er befindet sich etwa in der Mitte des Halses. Beim Mann erkennt man ihn als Adamsapfel. Er ist vereinfacht ausgedrückt wie ein kurzes Rohr, dass oben auf der Luftröhre aufsitzt. Es hat ein Deckelchen, dass sich öffnet und schließt. Seine Wände bestehen nur aus Knorpel. das macht den Kehlkopf elastisch und doch stabil. Er besitzt innen und außen eine Reihe von Muskeln und Bindegewebe und ist mit Schleimhaut ausgekleidet.

Er hat zwei Funktionen:

Er ist die Eingangspforte für die Luftröhre und bildet die Stimme. Und hier trennen sich die Wege von Nahrung und Atemluft.

Welche Beschwerden können im Hals auftreten

Im vorderen Halsbereich können eine ganze Anzahl von Beschwerden auftreten.

Funktionsstörungen wie der Kloß aber auch andere:

  • Stimmstörungen
  • Schluckstörungen
  • Atemstörungen
  • chronische Schmerzen im Hals

Die meisten Betroffenen haben Missempfindungen und Funktionsstörungen. Da ist es erklärlich, dass Schlucken und Sprechen sich anstrengend, eben krampfig anfühlen.

Welche Missempfindungen gibt es in dieser Region:

Bei Missempfindungen handelt es sich um störende Wahrnehmungen. Sie sind kein richtiger Schmerz, aber genauso belastend.

Neben dem Kloß gibt es weitere:

  • Engegefühl, als sei im Hals alles zu eng und es passe nicht mehr hinein.
  • Druckgefühl, als werde durch irgendetwas Druck auf die Luftröhre ausgeübt.
  • Ein Gefühl, als läge ein zu enger Schal oder ein Strick um den Hals.
  • Als stecke etwas im Hals und sitze dort fest.
  • Als sei der Hals ständig verschleimt.
  • Als bekäme man keine Luft.
  • Als könne man nicht mehr schlucken.
  • Als wäre das Sprechen sehr anstrengend.
  • Singen ist mühsam, manchmal versagt auch die Stimme oder wird kratzig und rau.
  • ständiger Hustenreiz
  • Übelkeit
  • Gefühl sich ständig räuspern zu müssen
  • Überempfindlichkeit am Hals gegen Kälte, Kragen, alles, was eng ist
  • taube Haut am Hals
  • Oft führen die Verspannungen auch zu Störungen der Funktionen Schlucken, Sprechen und Atmen.
  • So können auch chronische Halsschmerzen entstehen.

Die verhärteten Muskeln und Faszien erzeugen Druck und Enge im Hals und erschweren so Tätigkeiten wie Sprechen, Schlucken und Atmen.

Hierzu findet ihr in diesem Artikel näheres:
https://magenkompass.de/stiller-reflux-und-verspannte-halsmuskeln/

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Das Kloßgefühl, der Star unter den Missempfindungen

Der HNO-Arzt nennt es nüchtern >>Globusgefühl<< oder >>Globus-Syndrom<<. Ein ständiges und starkes Globusgefühl kann den stabilsten Menschen so beeinträchtigen, dass er fast an nichts anderes mehr denkt. es ist oft mit Funktionsstörungen beim Sprechen, Atmen und Schlucken verbunden.

Der Arzt untersucht den Rachen, die Nase und den Kehlkopf. Manchmal finden sich dort Hinweise auf Entzündungen. Hier kommt dann der Stille Reflux ins Spiel. Er reizt dort die Schleimhäute und provoziert Entzündungen.

Auch so kann das Globusgefühl entstehen, denn es kommt durch die Entzündungen in den Schleimhäuten dort auch zum Anschwellen des Gewebes.

Ursachen Globus hystericus

Das Ursachenkarussell bei Stillem Reflux

Wir sitzen zu viel. Das führt auf Dauer dazu, dass wir vermehrt mit dem Brustkorb atmen und nur wenig mit dem Zwerchfell. Dadurch wird das Zwerchfell auf Dauer schwächer. Und mit ihm auch die Hiatus-Schlinge. Sie ist aber der äußere Teil des Sphinktersystems unterer Speiseröhrenschließmuskel. So wird dieser Schließmuskel geschwächt. Es kommt zum Aufsteigen von gasförmigem Reflux, also Stillem Reflux und/oder zu klassischem Reflux.

Durch die vorgebeugte Haltung gibt es nun auch Zugkräfte auf die Speiseröhre. Der Magen gleitet ein Stück weit nach oben und wird dort in der Hiatus-Schlinge eingeklemmt. Das aber führt dazu, dass die Muskulatur der Speiseröhre nicht mehr richtig funktionieren kann, denn ihr fehlt die Verankerung am unteren Speiseröhrenschließmuskel.

So kann sie nicht mehr die nötige Spannung aufbauen, um die Speisen effektiv in den Magen zu transportieren. Es kommt zu Schluck-Problemen.

Wir beugen uns bei der Arbeit oft nach vorn oder sehen hinunter.

Das überanstrengt unsere Halsmuskeln und Faszien. Sie verkrampfen.

Einige HNO-Ärzte sagen, dass die Muskeln im Kehlkopfbereich auch dann verkrampfen, wenn der Stille Reflux auf sie trifft und dort Entzündungen auslöst.

Trifft sich hier nun beides, die unnormale Kopfhaltung und der Stille Reflux als Entzündungstrigger, so sind Probleme im Halsbereich wie etwa das Globusgefühl quasi vorprogrammiert.

Faktoren zur Entstehung des Globusgefühls

Neben dem Stillen Reflux, der auf die Schleimhäute trifft und dort Entzündungen und muskuläre Reflexe auslöst ist es vor allem die Überlastung der Halsmuskeln. Der Kopf verharrt ständig in einer Fehlhaltung und so werden die Muskeln ringsum im Hals ständig be- und überlastet.

Durch die ständig vorgebeugte Haltung des Kopfes werden die Organe, Gewebe und Muskeln im Hals und der Brust zusammengequetscht.

Wichtig: Die paradoxe Atmung ist Mitverursacher des Globusgefühls und des Stillen Refluxes!

Was ist eine paradoxe Atmung? Dabei haben sich Betroffene angewöhnt, den Bauch beim Einatmen flach zu machen und ihn beim Ausatmen nach außen zu runden. Das ist genau umgekehrt zum >richtigen< Atmen.

Die Atmung ist hierdurch eingeschränkt, denn wenn man den Bauch beim Einatmen einzieht, haben die Organe des Bauchraumes nicht genug Raum, um der Lunge platz zu machen.
Die meisten Menschen, die paradox atmen, bemerken dies gar nicht. Sie stellen nur fest, dass sie nicht genug Luft bekommen.

Was hilft gegen das Kloßgefühl bei Stillem Reflux

Tue etwas für die Aufrichtung des Oberkörpers und des Kopfes.

Nimm deinen Arbeitsplatz und deine Gewohnheiten unter die Lupe und ändere, was möglich ist.

Vermeide lange Sitzpositionen, bei denen du extrem mit Oberkörper und Kopf nach vorne gebeugt bist.

Geht das nicht, dann sorge für Ausgleich, indem du den Kopf immer wieder hebst und drehst.

Brumme, summe und singe, wann immer es geht. Das befreit den Kehlkopf.

Achte darauf in deiner Freizeit Dinge zu tun, die deine Arbeitshaltung ausgleichen. Beispiele wären Yoga, Tanzen, Spaziergänge oder Joggen.

Vorsicht beim Radfahren: Aufrecht auf dem Hollandfahrrad ist in Ordnung, doch auf dem Rennrad kann es zur Verschlimmerung kommen.

Ein Globusgefühl kann, wenn auch selten, durch eine Operation an der Schilddrüse entstehen.

Sprich mit deinem HNO-Arzt, ob eine logopädische Behandlung sinnvoll sein könnte.

Auch Selbstmassagen des Halses können helfen.

Besonders die Behandlung des Bindegewebes der Halsregion kann gute Erfolge bringen. Schafft man das nicht allein, so kann ein Pohltherapeut helfen oder ein anderer Therapeut, der sich mit Bindegewebsbehandlung auskennt.

Fazit

Es ist nicht einfach, den Kloß im Hals wieder loszuwerden. Doch man kann es schaffen. Nicht jeder empfindet es als extrem störend, doch viele Menschen belastet das Kloßgefühl stark.

Der erste Schritt ist meist schon gemacht, wenn man erkannt hat, dass da nichts Schlimmes ist, dass die Ärzte übersehen haben.

An der Stelle, wo klar wird, dass man selbst etwas tun kann, um diesen Zustand zu beenden, verlassen die Angst und die Hilflosigkeit die Bühne und machen der Hoffnung platz.

Man ist wieder Herr seiner Entscheidungen und kann selbst handeln und Verantwortung übernehmen.

Sagen wir also den Verkrampfungen in unserem Hals den Kampf an! Was haben wir zu verlieren?

Quellen:

Fleischer,S., Hess, M., und Liebermann, J.:Globus pharyngis: Gezielte Muskeldehnung gegen den Kloß im Hals, HNO-Nachrichten,47 (3), 2017, 36-41

Gundermann, h.: Heiserkeit und Stimmschwäche, Stuttgart 1995

Löber, C., und Grabbe, H.: Immer der Nase nach, München 2021

Simons, D.G., Travell, J.G.; und Simons, L.S.: Handbuch der Muskeltriggerpunkte: Obere Extremität, Kopf und Rumpf, München 2002

Barral,J.-P., und Croibier, A.: Manipulation kranialer Nerven, München 2008

Teirich-Leube, H.: Grundriß der Bindegewebsmassage, München 1999

Hallo, ich bin Andy

Ich arbeite als Medizinjournalistin und Autorin.  

Nach Abschluss eines naturwissenschaftlichen Studiums mit Diplom begann ich mich für Medizinjournalismus zu interessieren und machte ihn zu meinem Beruf.

Als Betroffene von Magen-Darm-Erkrankungen weiß ich, worüber ich schreibe.



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