Einführung
Neuere Studien haben die Beziehung zwischen dem Kaumuskel-System und dem Gastrointestinaltrakt aufgedeckt. Gelangt Säure in die Speiseröhre so steigert sich die Tätigkeit unserer Kaumuskeln erkennbar. Auch unser Vagusnerv scheint die erhöhte Aktivität des Kaumuskels zu triggern, sobald Säure in die Speiseröhre gelangt.
Die Wirkung der Säurestimulation in der Speiseröhre auf die Kaumuskelaktivität ist jedoch noch nicht vollständig geklärt.
Wo liegt also der Zusammenhang zwischen Magensäure, die in die Speiseröhre tritt und der Tätigkeit unseres Kaumuskels?
Haben wir nun eine Kieferfehlstellung, weil wir Stillen Reflux haben oder ist der Stille Reflux für die Entstehung unserer Kieferfehlstellung verantwortlich?
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Mehr InformationenDer Masseter-Muskel unter Dauerspannung
Der Muskulus masseter lateinisch für Kaumuskel, entspringt beim Menschen am Jochbogen und verläuft bis zum Winkel des Unterkiefers. Er ist einer unserer Kaumuskeln.
Er dient dem Anheben des Unterkiefers und seinen Seitwärtsbewegungen.
Nicht wenige Betroffene von Stillem Reflux leiden auch unter einer Kieferfehlstellung, nächtlichem Zähneknirschen oder Schmerzen in unterschiedlichen Gesichtsregionen bis hin zu Zahnschmerzen ohne zahnärztlichen Befund und/oder tragen eine Beißschiene.
Der Masseter setzt sich aus drei Schichten zusammen, die unterschiedliche Beschwerden und Schmerzen hervorrufen können.
Hierbei ist wichtig, dass Triggerpunkte in diesem Muskel die Schmerzen in andere benachbarte Regionen übertragen können.
Triggerpunkte und zugehörige Beschwerden
Triggerpunkte treten in den vier unterschiedlichen Bereichen der Fasern des Masseter auf. Sie lösen ganz unterschiedliche Beschwerden aus.
Triggerpunkte in der oberen Hälfte der oberflächlichen Fasern des Masseter
Hier kommt es zu Schmerzen im Oberkiefer, die sich wie eine Kieferhöhlenentzündung anfühlen, aber auch zu Zahnschmerzen in den oberen Backenzähnen ohne zahnärztlichen Befund.
Triggerpunkte in mittleren Bereich der oberflächlichen Fasern des Masseter
Durch diese Triggerpunkte kommt es zu Schmerzen im Unterkiefer und zu Zahnschmerzen der unteren Backenzähne ohne ärztlichen Befund.
Triggerpunkte im untersten Bereich der oberflächlichen Fasern des Masseter
Diese Punkte führen zu Unterkieferschmerzen, Kopfschmerzen, die sich anfühlen wie Spannungskopfschmerzen und Schmerzen an oder über der Augenbraue.
Triggerpunkte in den tiefen Fasern des Masseter
Diese Triggerpunkte erzeugen Schmerzen im Kiefergelenk oder Ohrenschmerzen (tief im Ohr).
Andere Beschwerden:
Ist der Masseter verspannt, so kann man seinen Kiefer bzw. Mund meist nicht mehr vollständig öffnen oder man verspürt währenddessen Schmerzen.
Außerdem kann ein verspannter Masseter-Muskel zu einseitigem Tinnitus führen, während ein Tinnitus aus systemischen Ursachen meist auf beiden Seiten auftritt. In seltenen Fällen können sich aber auch Triggerpunkte in beiden Masseter-Muskeln bilden und so einen beidseitigen Tinnitus hervorrufen. Dieser aber schwankt dann meist einseitig in seiner Intensität.
Weitere Ursachen für solche Beschwerden
Solche Schmerzen sollten immer ärztlich abgeklärt werden, denn es ist auch möglich, dass es sich um rheumatische schmerzen im Kiefergelenk handelt.
Diese können zu Verspannungen im Masseter führen und so bedingen sich dann beide Beschwerden quasi gegenseitig.
Was löst solche Triggerpunkte aus?
Aktive Überlastungen in diesem Muskel finden akut oder chronisch statt:
aktive chronische Überlastungen:
- Kaugummi kauen
- Nägelkauen
- Zähneknirschen
aktive akute Überlastungen:
- Zerbeißen einer Nuss
- Essen von hartem Brot
- Zerbeißen von Bonbons oder Eiswürfeln
Stress als aktive aber unbewusste Überlastung
Der Muskel Masseter reagiert sehr empfindlich auf Emotionen und psychische Spannungen, so wie alle anderen Kiefermuskeln auch.
Emotionen wie Verzweiflung, starke Entschlossenheit, innere Anspannung oder Getriebenheit führen oft zu einer unbewussten Anspannung des Masseters.
Oft bleibt der Muskel auch angespannt, wenn die eigentliche Ursache, die Emotion längst vorbei ist. Meist wird das gar nicht bemerkt und so kommt es zur Überlastung.
Hier hinein spielt auch die sensomotorische Amnesie. Bei dauerhafter Überlastung dieses Muskels gewöhnt sich unser Körper schließlich an diesen zustand und betrachtet ihn als das "neue Normal". So wird die Überspannung im Masseter immer weiter verfestigt.
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Körperhaltungen, die zur Überlastung des Masseter führen
Alle Körperhaltungen bei denen du deinen Kopf nach vorne schiebst, bringen deinen Kiefer in eine Position, die unseren Muskel unter Spannung setzt.
Solche Haltungen sind:
- nach vorn gebeugter Rücken
- Sitzen im Auto
- Sitzen am Schreibtisch
- Lesen
- lange Texte auf der Tastatur schreiben
Lange Dehnungen wie etwa bei einem Besuch beim Zahnarzt bei dem wir meist gestresst sind, vielleicht sogar Angst haben oder uns unwohl fühlen können ebenfalls zu einer Überlastung des Masseter führen.
Krafteinwirkung von außen wie etwa Boxen, ein Stoß oder auch eine kräftige Ohrfeige können den Masseter ebenfalls verspannen.
Bei Infekten und Entzündungen spannt sich unser Muskel reflektorisch an.
Auch jahrelanges Zähneknirschen, das zur Höhenabnahme der Zähne führt, kann einen unharmonischen Kieferschluss erzeugen, der dann den Masseter ebenfalls stresst.
Hier wird der Muskel gleich zweifach überlastet, durch das jahrelange Zähneknirschen und durch den dadurch entstandenen veränderten Kieferschluss.
Außerdem können sogenannte Schlüsseltriggerpunkte, die durch Schmerzübertragung zur Entstehung von Triggerpunkten in anderen Muskeln führen, sogenannte Satellitentriggerpunkte im Masseter entstehen.
Dabei werden Schmerzen und Spannungen vom Sternocleidomastoideus-Muskel und vom oberen Teil des Trapezius-Muskels übertragen.
Verbindung zum Stillen Reflux
Einige Studien legen nahe, dass es zu erhöhter Muskelaktivität im Masseter kommt, wenn Säure in die Speiseröhre tritt, wie es ja bei Stillem Reflux der Fall ist. Und es kommt noch hinzu, dass Teile des Vagusnervs wahrscheinlich diese erhöhte Muskelaktivität triggern.
Das bedeutet stark vereinfacht:
Tritt Säure aus dem Magen in die Speiseröhre, so alarmiert das den Vagusnerv und der triggert dann eine Steigerung der Aktivität des Kaumuskels.
Damit wäre Zähneknirschen und Verspannungen der Kaumuskeln eine direkte Folge des Auftretens von Sodbrennen oder Stillem Reflux. So würden sich das vermehrte Auftreten von Beißschienenträgern unter Betroffenen von Stillem Reflux nicht mehr allein durch eine psychische Komponente oder Dauerstress erklären, sondern zumindest auch über den beschriebenen Mechanismus.
Ursachen von Kieferbeschwerden durch individuelles Verhalten
Es gibt viele unterschiedliche Gewohnheiten, bei denen Betroffene die Kieferspannung mit anderen Tätigkeiten kombinieren.
Ständiges Zusammenpressen des Kiefers
Es zur Gewohnheit werden lassen, auch ohne jeden Stress oder Druck die Kiefer zusammen gepresst zu halten. Man macht das als Begleittätigkeit, z. B. beim Lesen (in jeder Position), wenn man sich auf etwas stärker konzentriert usw.
Andere pressen ihre Zähne ständig immer nur kurz zusammen und lockern sie dann wieder. Das erkennt man an den heftig arbeitenden Temporalis-Muskeln an den Schläfen.
Passives Kieferpressen durch aufgestützten Kopf
Einige bekommen ihre Kieferprobleme am Schreibtisch, vor allem am Computer: während sie mit der rechten Hand und dem rechten Arm arbeiten, haben sie den Kopf links aufgestützt. Sie sitzen dabei leicht vornübergebeugt, so dass das Körpergewicht auf den linken Ellbogen drückt und die Zähne links zusammengepresst werden. Irgendwann schmerzen links beide Zahnreihen und Kiefer.
Schiefes Kauen
Die Gewohnheit hat meist bei Zahnschmerzen oder Extraktionsschmerzen ihren Ausgang genommen.
Damals hat man sich angewöhnt, nur noch auf der schmerzfreien Seite zu kauen. Das hat man als Gewohnheit über Jahre oder Jahrzehnte bei behalten. Die Kiefermuskeln sind einseitig verspannt.
Verspannter Nacken und Kiefermuskeln
Da die Kiefermuskeln und Nackenmuskeln unmittelbar zusammenhängen, sind Kieferbeschwerden sehr häufig mit Nacken-Verspannungen verbunden.
Am häufigsten ist die "Geier-Hals"-Haltung:
Dabei ist der Kopf in den Nacken gelegt und nach vorn gestreckt. Kieferbeschwerden mit dieser Fehlhaltung gehen oft mit allen möglichen Kopfbeschwerden wie Ohrgeräuschen (Tinnitus) Kopfschmerzen, Nackenschmerzen oder Schwindel einher.
Viele Betroffene reagieren auf emotional negative Reize, allgemeine Belastungen, Stress und Leistungsdruck mit einer dauerhaften Anspannung der Kiefermuskulatur, meist in Kombination mit Nackenverspannungen. Einige haben den Spruch "Zähne zusammenbeißen und durch!" zu wörtlich genommen und sich die "Verbissenheit" regelrecht eintrainiert.
Hier kommen Haltungen aus dem Bereich der sensomotorischen Amnesie zum Tragen.
Das Stopp-Muster:
Reagieren die Betroffenen bei Belastungen eher mit Angst, Rückzug, Bedrückung, ziehen sie den Kopf ein und dabei dann den Kiefer zurück und beißen die Zähne zusammen. Gleichzeitig machen die Betroffenen alles dicht. Sie kneifen die Augen zusammen, machen die Nase oben zu, ziehen die Bauchmuskeln fest, so dass keinesfalls etwas hereinkommen kann. Vor allem die Atmung ist gedrosselt.
Das Startmuster:
Hier reagieren die Betroffenen bei Belastungen eher mit Widerstand und Selbstbehauptung. Dabei lehnen sich ins Hohlkreuz, machen den Nacken sehr gerade und beißen die Zähne zusammen . Man riskiert dabei Schmerzen im unteren Rücken und eben auch Kieferverspannungen.
Mehr zum Problemkreis sensomotorische Amnesie gibt es im entsprechenden Artikel.
Was kann man tun?
Zunächst einmal sollte man feststellen, inwieweit das Beschwerde-Bild >verspannte Kaumuskeln< überhaupt auf einen selbst zutrifft.
Dazu sollte man folgenden Test durchführen:
Schiebe deinen Unterkiefer langsam nach rechts, nach links, nach vorn und nach hinten.
Versuche schließlich, deinen Kiefer im Kreis zu bewegen.
Wenn eine der Richtungen nicht oder nur schlecht beweglich ist, hast du Kiefermuskelverspannungen. Achte auch darauf, wie glatt die Bewegungen gehen.
Wenn es holpert oder gar ruckelt, ist das ein Zeichen für eine "Sensomotorische Amnesie", d.h. dein Gehirn hat vergessen, wie diese verspannten Muskeln sich bewegen lassen.
Beispiel für Übungen, um seine Kiefermuskulatur zu entspannen:
Frage: Wie weit lässt sich dein Kiefer öffnen?
- Stelle fest, wie weit du deinen Kiefer öffnen kannst und wie er sich anfühlt.
- Lege dich dazu auf den Rücken und umgreife dein Kinn von vorn mit einem Zeigefinger.
- Beiße nun die Zähne zusammen, presse den Unterkiefer also nach oben Richtung Oberkiefer. Mit der Zeigefingerhand ziehst du den Kiefer nach unten. Mit dem Kiefer leistest du Widerstand. Es herrscht hier nun ein Gleichgewicht der Kräfte.
- Gib allmählich nach, so dass der Kiefer etwas weiter nach unten gleitet und der Mund sich leicht öffnet, aber bleibe dabei immer im Zug und Gegenzug.
- Ziehe den Unterkiefer wieder weiter hoch, aber nicht bis zum Ausgangspunkt, die Hand zieht weiter nach unten.
- Gib etwas nach, so dass der Kiefer sich noch weiter öffnet.
- Fahre nun mit stärkerem Anspannen und Nachgeben fort, bis du den Mund gegen den Widerstand ganz geöffnet hast.
- Zum Schluss sperrst du den Mund absichtlich ganz auf und leistest dir selbst mit einer Hand unter dem Kinn Widerstand.
Frage: Wie weit lässt sich der Kiefer jetzt öffnen? Wie fühlt er sich an?
Geht es besser, ist der Kiefer lockerer und entspannter?
Mit dieser Übung kannst du deinen Kiefer langsam immer mehr in einen Entspannungszustand bringen.
Mehr Übungen in Informationen hierzu gibt es übrigens bei Magenkompass-Members.
Quellen
Associations between tooth wear and dental sleep disorders: A narrative overview
Peter Wetselaar 1, Daniele Manfredini 2, Jari Ahlberg 3, Anders Johansson 4, Ghizlane Aarab 1, Chryssa E Papagianni 1, Marisol Reyes Sevilla 1, Michail Koutris 1, Frank Lobbezoo 1
PMID: 31038764 PMCID: PMC6852513 DOI: 10.1111/joor.12807
Associations among gastroesophageal reflux disease, mental disorders, sleep and chronic temporomandibular disorder: a case-control study
Yuanyuan Li 1, Ming Fang 1, Lina Niu 1, Yu Fan 1, Yan Liu 1, Yong Long 1, Xiaodong Liu 1, Franklin R Tay 1, Jihua Chen 2
PMID: 31427355 PMCID: PMC669994 DOI: 10.1503/cmaj.181535
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PMID: 31427355 PMCID: PMC669994 DOI: 10.1503/cmaj.181535
Associations among gastroesophageal reflux disease, mental disorders, sleep and chronic temporomandibular disorder: a case-control study
Yuanyuan Li 1, Ming Fang 1, Lina Niu 1, Yu Fan 1, Yan Liu 1, Yong Long 1, Xiaodong Liu 1, Franklin R Tay 1, Jihua Chen 2
PMID: 31427355 PMCID: PMC6699946 DOI: 10.1503/cmaj.181535
Prevalence of temporomandibular disorders in patients with gastroesophageal reflux disease: a case-controlled study
Tareq M Gharaibeh 1, Khaled Jadallah, Fuad Abul Jadayel
PMID: 19954879 DOI: 10.1016/j.joms.2009.06.027