Ein schwacher Speiseröhrenschließmuskel ist eine der häufigsten Ursachen von Sodbrennen und saurem Aufstoßen. Er besteht im Wesentlichen aus einem ausgeklügelten Sphinktersystem, dessen Funktionstüchtigkeit von allerlei Einflüssen beeinträchtigt werden kann.
Schließt dieses System nicht oder nur ungenügend oder öffnet es sich, wenn es das gar nicht sollte, gelangt mit Magensäure vermischter Speisebrei in die Speiseröhre.
Dort entsteht dann jenes Feuer hinter dem Brustbein, das wir alle als Sodbrennen kennen. Aber Sodbrennen hat auch ein ernstes Gesicht, die Refluxkrankheit.
Nicht jedes Sodbrennen richtet Schäden in der Speiseröhre an, aber spätestens da, wo Sodbrennen zum Dauerzustand wird, hat es seinen Auftritt, das Schreckgespenst Speiseröhrenkrebs.
Wie also ist er aufgebaut, unser Speiseröhrenschließmuskel, und aus welchem Grund funktioniert er nicht mehr wie er sollte? Was schadet ihm, was hilft ihm? Was beeinflusst seine Spannung und wie kann man seine Funktion wieder normalisieren?
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Zunächst einmal sollten wir uns überlegen, weshalb der untere Speiseröhrenschließmuskel nicht kräftig genug ist, um den Speisebrei im Magen zu halten. Die Medizin spricht hier von einer Insuffizienz des unteren Ösophagusspinkters.
Faktoren, die eine solche Insuffizienz begünstigen, können sein:
Die Speiseröhre verfügt am Übergang zum Magen über ein sogenanntes funktionelles Sphinktersystem. Ein Sphinkter ist ein ringförmiges Muskelsystem, das ein Hohlorgan komplett abdichten kann. Das Spinktersystem der unteren Speiseröhre besteht aus 5 Teilen:
Literatur:
Die Spannung des Speiseröhrenschließmuskels wird durch einen höheren ph-Wert im Magen und einen höheren Eiweißanteil in der Nahrung erhöht.
Sehr fettreiche Mahlzeiten, Nikotin, Alkohol und Kaffee, Schokolade aber auch Medikamente führen zu einer Verminderung der Spannung des Verschlusssystems.
Wer sich zu fettreich ernährt oder zu viel Alkohol trinkt und raucht, riskiert also eine langfristige Schwächung des Verschlusssystems zwischen Magen und Speiseröhre. Es kommt zur Refluxkrankheit.
Auch der Verzehr von Schokolade führt zu einer Reduzierung des Drucks in der unteren Speiseröhre und damit zur Begünstigung des Refluxes. Anscheinend ist aber gar nicht der hohe Fett-und Zuckergehalt darin am Reflux schuld, sondern der im Kakao enthaltene Stoff Methylxanthin.
Hauptproblem bei Reflux ist und bleibt aber bestehendes Übergewicht. Ein ausgeprägter Fettansatz im Bereich der Bauchdecken erhöht besonders in Rückenlage erheblich den Druck innerhalb des Bauchraumes und begünstigt so das Zurückfließen von Mageninhalt in die Speiseröhre.
Und auch anhaltende Verstopfung und zu große Mahlzeiten fördern das Auftreten von Reflux.
Die Zusammensetzung der Nahrung bestimmt also den Grad der Anspannung des unteren Speiseröhrenschließmuskels. Somit kommt dem Verhältnis von Kohlenhydraten zu Fetten und Eiweißen eine große Bedeutung bei der Behandlung von Sodbrennen zu. Auch wenn die GERD eine NERD ist, also keine sichtbaren Schäden in der Speiseröhre macht, muss sie behandelt werden!
Fett reduziert den Druck sehr wahrscheinlich über die Ausschüttung des Hormons Cholezystokinin und kann so den Reflux verstärken.
Kohlenhydrate vermindern den Druck des Muskels nur unwesentlich.
Eiweiße aber, und hier liegt ein Teil der Lösung, können den Druck um bis zu 50% steigern!
Nach eiweißreichen Mahlzeiten steigt die Konzentration des Hormones Gastrin um ein Mehrfaches des Ausgangswertes an! Die Anspannung des Speiseröhrenschließmuskels wird durch relativ geringe Mengen an Gastrin nachweislich erhöht.
Bei Kaffee ist das Bild sehr uneinheitlich. Es gibt keine eindeutigen Hinweise, das der Genuss von Kaffee bei grundsätzlich allen Betroffenen zu Sodbrennen führt. Also muss jeder selbst ausprobieren, ob es der Kaffee ist, der das Sodbrennen provoziert oder die Sahne darin.
Ähnliches gilt für gesüßte Limonaden.
Bei Säften saurer Natur allerdings ist bei 80% aller Probanden in den verschiedenen Studien nach Genuss Sodbrennen beobachtet worden.
Es gibt erste Versuche und auch eine kleine Studie zur sogenannten Tiefatmung oder auch kombinierten Zwerchfell-Rippenatmung. Das ist eine von vielen professionellen Sängern genutzte Methode um ihre Stimme voller und kräftiger klingen zu lassen. Mit gezieltem Bauchatmungstraining konnte in dieser Studie die Situation von Menschen, die an der Refluxkrankheit leiden teils erheblich verbessert werden.
Die regelmäßige Durchführung von Übungen zur Bauchatmung soll bewirken, das der untere Speiseröhrenschließmuskel trainiert und gestärkt wird. So kann seine Funktionsfähigkeit allmählich erhöht und der Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre eingedämmt werden. Im Rahmen einer prospektiven Studie wurden 19 Patienten mit Refluxerkrankung oder abgeheilter Speiseröhrenentzündung per Zufall auf 2 Gruppen aufgeteilt. Eine Kontrollgruppe und eine Atemtrainingsgruppe. Die Probanden in der Atemtrainingsgruppe bekamen in dieser Studie eine CD mit einem Programm, das etwa 30 Minuten dauerte.
Sollten die Probanden unter Symptomen leiden, so war es ihnen erlaubt, ihre Medikamente wie etwa Antazida einzunehmen.
Die Säuremessung durch pH-Metrie ergab einen signifikanten Rückgang der Belastung mit Säure in der unteren Speiseröhre bei den Probanden in der Atemtrainingsgruppe, während jene ohne Atemtraining einen unveränderten Wert in der ph-Metrie aufwiesen.
Bei jenen Probanden, die auch nach der Beendigung der Studie ihr Zwerchfell regelmäßig trainierten, war selbst nach 9 Monaten noch ein Rückgang der Refluxsymptomatik zu beobachten.
Die Schwächen der Studie liegen in der geringen Probandenzahl und es ist auch keine fehlerfreie Verblindung zu erkennen. Ausserdem ist die pH-Metrie eine manometrische Messmethode, die vielleicht nicht präzise genug das Zusammenziehen des unteren Speiseröhrenschließmuskels abbildet.
Dennoch lässt die erste Studie auf diesem Gebiet hoffen, das der Ansatz eines regelmäßigen Bauchatmungstrainings gemeinsam mit einer Ernährungsumstellung bei Reflux zu einer Linderung der Symptome führen könnte und den Konsum von Medikamenten senken könnte. Allerdings hört man auch hin und wieder von professionellen Sängern, die durch Bauchatmungstraining Probleme mit Reflux bekommen haben.
Literatur: Eherer Aj, Netolitzky F, Högenauer C, Puschnig G, Hinterleitner TA, Scheidl S, Kraxner W, Krejs GJ, Hoffmann KM.
Positive effect of abdominal breathing exercise on gastooesophageal reflux disease: a randomized, controlled study. Am J Gastroenterol 2012; 107:372-378 (doi:10.1038/ajg.2011.420)
Abstract:https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22146488/
Hier findet ihr ein paar Übungen zur Stärkung des Zwerchfelles:
http://cardiopraxis.de/zwerchfell-und-lunge-staerken-uebungen-fuer-zu-hause/
Wenn von Verdauungsbeschwerden durch Stress, Aufregung und großer Anspannung die Rede ist, so geht es um ihn, den Vagusnerv.
Der Vagusnerv spielt bei der Kommunikation zwischen Gehirn und Körper eine zentrale Rolle. Im Normalfall erfüllt der Vagusnerv die Aufgabe die inneren Organe nach einer erhöhten Aktivität und Alarmbereitschaft wieder in den Normalzustand zurück zu führen und die Erholungsphase einzuleiten. Das passiert vor allem, aber nicht nur, in der Nacht. Der Vagusnerv ist als Teil des parasympathischen Nervensystems der Gegenspieler zum Sympathikus, der eine erhöhte Aktivität und Alarmbereitschaft erzeugt. Und genau hier liegt das Problem. Sind wir durch Stress und Anspannung in diesem Alarmzustand, so drosselt unser Körper die Funktionen der Verdauung, denn er erwartet Kampf oder Fluchtverhalten. So macht er uns fit für eine Auseinandersetzung oder die Flucht vor einer Gefahr.
Sind wir nun durch dauerhaften Stress oder andere derartige Einflüsse oft in diesem Erregungszustand, so kann es passieren, das unser Vagusnerv, der uns wieder auf normal herunter fahren soll, das nicht mehr schafft. Das betrifft dann nicht nur die Verdauung (Speiseröhre, Magen, der größte Teil des Darmes) sondern auch Herz, Leber, Nieren und Milz.
Um den Vagusnerv zu aktivieren, also seinen Tonus zu verbessern, gibt es verschiedenen Methoden. Insbesondere durch Atemtechniken, Yoga und Meditation sowie neuerdings auch einem Gerät zur Stimulation des Vagusnerves kann die Funktion dieses wichtigen Nerves beeinflusst werden.
Wie auch die Muskeln benötigen Nerven ein regelmäßiges Training um gut zu funktionieren. Ohne Stimulierung also verkümmern sie und verlieren nach und nach immer mehr ihre Funktion. Der Begriff, der hier von Bedeutung ist, ist die Neuroplastizität. Darunter versteht man die Fähigkeit des Nervensystems sich auch im Erwachsenenalter zu verändern, neue Verbindungen herzustellen und neue Funktionen zu erlernen. Man kann also Nerven durch Training stärker machen.
Es klingt ein wenig absurd, aber es funktioniert. Will man den Vagusnerv aktivieren und trainieren, so kann man ihn durch gurgeln stimulieren. Der Vagusnerv aktiviert die Muskeln an der Rückseite des Rachenraumes, die wir beim Gurgeln anspannen. Durch das Gurgeln wird der Vagusnerv angeregt und das kommt dem gesamten Vagusnerv zu gute, also auch dem Teil, der für Speiseröhre und Magen zuständig ist.
Auch Singen und Summen, Akupunktur, besonders Ohrakupunktur, Yoga, Tai-Chi, Probiotika, Meditation, Neurofeedback, Omega-3-Fettsäuren, Sport, Zink, Massagen, unter Leute gehen, Lachen (Lachyoga) und Intervallfasten kann helfen.
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Andrea Barbara Kuhl arbeitet als Medizinjournalistin und Autorin. Sie ist die Gründerin und Chefredakteurin von Magenkompass. Nach Abschluss eines naturwissenschaftlichen Studiums mit Diplom begann sie sich für Medizinjournalismus zu interessieren und machte ihn zu ihrem Beruf. Als Betroffene von Magen-Darm-Erkrankungen weiß sie, worüber sie schreibt.
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